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Das Monstertuch

S. Saied ist Ägyptische Muslimin, trägt ein Kopftuch, ist 26 Jahre alt und hat Musikpädagogik studiert. Sie lebt seit ca. 3 Jahren in Graz, wobei sie in ihrer ursprünglichen Heimat in einem angesehenen Gymnasium als Musikpädagogin unterrichtete und mit ihrem Job sehr zufrieden war. Sie wurde in der Schule nicht zuletzt aufgrund ihrer Kommunikationsfreude und ihrer netten Umgangsweise geachtet, geschätzt und stets respektiert. Nachdem Sie einen Grazer mit ägyptischen Wurzeln geheiratet hat, hat sie Ihren Job, ihre Familie, Freunde und Ihre Heimat verlassen, wobei sie voller Vorfreude auf Graz und das gemeinsame Leben mit ihrem Mann blickte. Kaum war sie angekommen wurde sie jedoch von Alltagsrassismus eingeholt. 

So waren komische Blicke und unangenehmes Murmeln in öffentlichen Verkehrsmitteln wie „schleich di du Fetzenschädl“, oder „oba mit dem Fetzen“ keine Seltenheit. Nachdem sie fleißig Deutschkurse besucht hatte und die Deutsche Sprache „gut“ beherrschte, wollte Sie ihren Beruf als Musikpädagogin wieder aufnehmen. Beim Arbeitsmarktservice bekam sie jedoch die niederschmetternde Nachricht, dass ihr Studium in Österreich nicht anerkannt wird. Um das Studium anerkennen zu lassen, müsse sie nicht nur mehr als zwei Jahre Deutsch lernen, sondern danach fast das gesamte Studium wiederholen, da die meisten Fächer in Ägypten nicht 1:1 ident  mit den österreichischen sind und somit auch nicht anerkannt werden. Das hieße weitere vier bis fünf Jahre Studium. Da Sie aber wirklich ehrgeizig ist fragte sie, ob sie danach einen Job bekommen werde. „Leider nein", „mit dem Kopftuch nur sehr schwer“ bestätigten viele aus dem Bekanntenkreis. Daher wurde ihr angeboten anstatt als „Frau Pädagogin“, als „Frau Reinigungskraft“ zu arbeiten. Beim Putzen stört das Aussehen nicht, weil man ja nicht zu den Bürozeiten reinigt. So ist man/frau ja versteckt und die Angestellten werden von dem „Monstertuch“ nicht gestört – außerdem könne sie ja während der Reinigung auch noch ihrem Ursprungsberuf nachgehen, indem sie während der Arbeit unauffällig und leise vor sich hin singt. Versteckt, unauffällig und sehr leise! Das ist wichtig. So viel zur Integration. 

Ihre Kopfbedeckung möchte sie aber keinesfalls aufgeben, weil sie diese aufgrund ihrer religiösen Ansicht freiwillig trägt. In der Straßenbahn hört man dann „Super, die gehen spazieren und wir müssen arbeiten“, wobei - hätte sie eine Arbeit bekommen, würde sie ja schon längst arbeiten. Leider ist das kein Einzelfall, sondern es gibt sehr viele, denen es ähnlich geht u.a. auch einer einheimischen Freundin. Sie ist gebürtige Österreicherin mit abgeschlossenem Medizinstudium – die jedoch mit Kopftuch als Ärztin keine Chance haben wird, weil die PatientInnen sich vor dem „Monstertuch“  erschrecken könnten und dies zu einer außergewöhnlichen Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes führen kann. Leider scheint es so, als ob ein 1 mm dickes Tuch auf dem Kopf in der österreichischen Gesellschaft sehr ungern (an)gesehen wird und somit viele an einem erfolgreichen und zufriedenen Leben hindert. Doch es sind nicht allein die Musliminnen die Ihren Kopf bedecken, sondern vielmehr die RassistInnen, die den Kopf samt Gefühlen, Akzeptanz und Toleranz  bedecken.

„Warum werden nach Alkohol stinkende Individuen mit roten 30 cm aufgestellten Haaren, volltätowiertem Körper, massivem Mundgeruch, und sehr lauter Stimme auf der Straße nicht einmal annähernd so angeschaut oder behandelt wie ich?“ fragte sie Ihren Mann, der ihr jedoch keine Antwort geben konnte.

Obwohl der Islam hierzulande seit mehr als 100 Jahren eine gesetzlich anerkannte Religion ist, scheint das im realen Gesellschaftleben bei weitem noch nicht angekommen zu sein. Meiner Meinung nach müssen Frauen mit Kopftuch im öffentlichen Sektor viel sichtbarer gemacht werden. Folgen Sie mir bitte bei folgendem Gedankengang: Ich gehe zur Wohnbeihilfestelle um eine Wohnbeihilfe zu beantragen, plötzlich sitzt dort eine sympathische Dame mit Kopftuch, die meinen Fall bearbeitet – so wird es kontinuierlich zur Normalität und mit der Zeit werden auch private Firmen anfangen, Personen mit Kopftuch anzustellen. Nur so kann Rassismus meiner Meinung nach aktiv bekämpft werden.

Ich persönlich bin für eine Quotenregelung von Personen mit Kopftuch, bzw. mit stark sichtbarem Migrationshintergrund wie Personen mit schwarzer Hautfarbe. Es ist schön, dass man des öfteren nicht sichtbare MigrantInnen mit akzentfreiem Deutsch und „-ic“-Endungen in solchen Positionen finden kann, aber dass somit bereits Personen mit Migrationshintergrund beschäftigt sind ist für mich kein Argument. Zum Schluss stellt sich die Frage: Verdient eine Stadt den Titel  „Menschenrechtsstadt“, die nicht in der Lage ist nach 100 Jahren gesetzlicher Anerkennung des Islams diese Tatsache ihren BewohnerInnen klarzumachen und den Rassismus aktiver zu bekämpfen?
Der Moustdorfer

FOTO (c) Ralf Wild
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[Kolumne/Der Moustdorfer/17.06.2014]





    Kolumne/Der Moustdorfer


    24.07.2014 Man in Black - Not Taxidriver

    17.06.2014 Das Monstertuch

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